Die Badewanne des Figaro
Auch wenn Bassbariton Luca Pisaroni nur ein bis zwei Monate pro Jahr in seiner Wiener Wohnung verbringt, ist sie sein wahres Daheim, erfuhr Michael Hausenblas.
“Meine Frau Catherine und ich haben diese Wohnung vor fünf Jahren gekauft. Sie misst 170 Quadratmeter und liegt auf zwei Ebenen in einem Dachgewölbe, hoch über dem Naschmarkt. Außer uns gibt’s hier noch den Dackel Tristan und in Bälde auch einen jungen Golden Retriever namens Lenny. Nein, nicht Kravitz. Bernstein!
Ursprünglich haben wir an ein Zuhause im 18. Bezirk gedacht, aber der ist vielleicht doch eher etwas für ältere Menschen. Außerdem wollten wir näher beim Zentrum sein. Unterm Strich haben wir zwei Jahre nach dieser Wohnung gesucht. Ich liebe die Wiener Altbauwohnungen. Wenn man allerdings ganz oben wohnen will, gibt’s meistens ein Problem mit den Dachschrägen. Genau diese Schwierigkeit wurde hier perfekt gelöst. Ich kam extra aus London, um die Wohnung zu besichtigen, und wusste sofort: Die ist es. Das Feeling passte. Außerdem musste nichts Strukturelles renoviert werden.
Uns war klar, dass der Naschmarkt eine großartige Gegend ist, aber nicht, wie großartig. Die U-Bahn haben wir vor der Nase, und in der Oper bin ich in fünf Minuten. Dann gibt’s da all die Restaurants mit Küchen aus aller Welt. Natürlich bin ich ein waschechter Italiener, aber deswegen brauch ich doch keine Mama, die mir jeden Tag Pasta kocht.
Ich weiß auch nicht, ob es der Italiener in mir ist, der so auf Interieur-Design steht, jedenfalls ist mir Einrichtung extrem wichtig. Es ist gut, von schönen Dingen umgeben zu sein. Den Stil der Wohnung würde ich mit modern umschreiben, klare Linien mit einem Schuss Seventies.
Am allerwichtigsten ist mir neben einem großen, weißen Esstisch die Badewanne. Hier gab es eine grauenvolle, viel zu kleine Wanne. Die flog als Erstes raus. Dann kam eine richtig große, fast schon ein kleiner Pool. Ich liebe es zu baden. Nein, ich singe nicht in der Badewanne. Dafür gibt es ein eigenes Zimmer. Musik höre ich circa zwei Stunden pro Tag. Früher waren es mehr. Ich mag italienischen Pop wie Vasco Rossi oder Renato Zero. Auch auf das Rat Pack fahre ich voll ab.
Wir verbringen nur ein bis zwei Monate des Jahres hier. Deshalb ist es von besonderer Bedeutung, ein gutes, gemütliches Daheim zu haben. Eines, von dem ich weiß: Das ist meins, hier sind alle meine Dinge. Die Wiener Wohnung könnte man als das Mutterschiff bezeichnen. Es gibt noch ein zweites Zuhause in New York. Dort verbringen wir allerdings auch nicht mehr Zeit als hier. Ansonsten sind wir unterwegs, mieten Appartements. In der Regel checke ich die Wohnungen übers Internet. Die meisten Sänger bevorzugen Bleiben in der Nähe der jeweiligen Oper. Bei uns ist das etwas anders, weil wir immer mit den Hunden reisen. Das heißt, ich schaue immer, wo sich der nächste Park oder Strand befindet.
Es kommt schon vor, dass ich die Wohnung hier vermisse. Andererseits ist meine Frau immer mit mir unterwegs, und wir versuchen, jede Unterkunft wie ein Daheim zu gestalten. Da kommt es vor, dass wir Dinge kaufen, die wir dann in einem Appartement zurücklassen. Mixer zum Beispiel. Ich nehme an, den Vermieter wird’s freuen. Außer unseren persönlichen Dingen haben wir immer Küchenmesser dabei. Gute Messer findet man in keiner Wohnung vor – in keiner! Das Schönste am Daheimsein, am Hiersein ist, alles um sich zu haben. Wenn man unterwegs ist, muss immer eine Wahl getroffen werden: Welche Kleidung nehm ich mit, wenn sich die Jahreszeiten ändern? Und welche Bücher packe ich ein?
Meine Wohnträume hab ich mir eigentlich mit den Wohnungen hier und in Manhattan erfüllt. Ein Häuschen in der Toskana mit 15 Golden Retrievers und Olivenhainen – das wäre allerdings auch großartig.” (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12./13.2.2011)
Der italienische Bassbariton LUCA PISARONI (Jahrgang 1975) wuchs in Giuseppe Verdis Heimatstadt Busseto auf. Mit 13 Jahren begann er seine musikalische Ausbildung und studierte später in Buenos Aires und New York. Mozarts Figaro, den er unter anderem bereits an der Met, bei den Salzburger Festspielen, in Paris und San Francisco gesungen hat, scheint für seine Karriere schicksalhaft. Nun ist er an der Wiener Staatsoper der neue Figaro. Neben zahlreichen Opernpartien gestaltet er Konzerte und Liederabende auf der ganzen Welt. Er lebt in Wien und New York und reist nie ohne seine Hunde.