Der italienische Bariton Luca Pisaroni singt bei den Salzburger Festspielen in “Così fan tutte” den Guglielmo

Ein Gespräch über heikle Beginnzeiten von Opernvorstellungen und die Wichtigkeit lebendiger Inszenierungen.

Salzburg – Viel wird momentan in Salzburg geplaudert über das dichte Programm der Festspiele. In diesem Zusammenhang wird auch über die große Menge an Proben diskutiert wie auch über Opernvorstellungen, die bereits um elf Uhr beginnen. Vor Monaten schon hat sich Dirigent Franz Welser-Möst aus der Così fan tutte-Produktion, die am Mittwoch Premiere hat, zurückgezogen. Und dies mit den sängerunfreundlichen Beginnzeiten von Vorstellungen begründet.

Luca Pisaroni, der in der Così-Version von Sven-Eric Bechtolf Guglielmo darstellen wird, sieht das einigermaßen entspannt: “Das ist eine persönliche Sache, ich kann darüber nicht wirklich urteilen. Bei einem Sänger ist es anders als bei einem Dirigenten. Ich bin verantwortlich für meine Sachen, als Dirigent bin ich für alles zuständig.”

Der italienische Bariton (Jahrgang 1975) weiß aber, was er zu tun hat, “damit ich um elf Uhr zu singen vermag, viele Konzerte finden ja am Vormittag statt. Wenn das so ist, stehe ich eben um sieben Uhr auf und gehe ins Fitnessstudio oder laufe ein bisschen.” Es sei dies “die einzige Möglichkeit, sich vorzubereiten. Was die Absage von Franz Welser-Möst anbelangt: Wenn er meint, die Bedingungen für die Arbeit seien nicht in seinem Sinne – wer bin ich, um das zu beurteilen?”

Pisaroni, ein kultivierter Mozart-Sänger und toller Darsteller, hat an der Wiener Staatsoper einiges gesungen. Aber er ist mittlerweile international tätig. Und dies zu Recht. Er gehört zu den jungen, gefragten Könnern seines Faches, die denn auch schon einiges erlebt haben. Über eine schwarze Liste mit Namen von Regisseuren, mit denen er nicht arbeiten will, verfügt er (im Gegensatz zu Tenor Piotr Beczala) allerdings nicht. “Ich bin vielleicht noch zu jung dazu. In ein paar Jahre gebe ich Ihnen womöglich ein Buch mit Namen! Im Ernst: Ich komme aus Italien, wo es einen sehr traditionellen Zugang zurOper gibt, wir sind sehr konservativ. Irgendwann begriff ich aber, dass eine Aufführung vom Dramatischen her interessant sein muss.”

Es reiche nicht, “wenn es nur musikalisch fantastisch ist. Das Publikum wird dir alle vokalen Probleme vergeben, wenn du eine glaubhafte Interpretation einer Rolle lieferst. Aber wenn du nur herumstehst und singst, wird es nach einer Weile sagen: ,Eine große Stimme, aber sonst …'” Wann er bemerkt hat, dass seine Stimme für eine Karriere reichen würde, kann Pisaroni, dessen Schwiegervater Sänger Thomas Hampson ist, so nicht beantworten. “Ich staune immer noch, wenn ich sehe, wie gut alles bisher gelaufen ist. Ich bin zufrieden, dass ich es geschafft habe, diesen Beruf ausüben zu können.” Auch Probleme mit einer Lehrerin in Italien mögen zu Selbstzweifeln geführt haben, Pisaroni deutet an, dass seine Entwicklung nicht ganz einfach verlief.

“Schlechte Lehrer können das größte Problem darstellen. Ich hatte zu Beginn auch deshalb wenig Zutrauen zu mir. Man muss als Sänger zudem auch lernen: Die Stimme, die das Publikum hört, hat nichts mit jener Stimme zu tun, die ich höre. Was für uns nicht gut klingt, klingt da draußen gut. Es brauchte Zeit, das zu akzeptieren”, schmunzelt Pisaroni.

(Ljubiša Tošic, DER STANDARD, 17./18.8.2013)

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